Eine internationale Forschergruppe unter Führung des EURAC-Zentrums für Biomedizin und der Harvard Medical School entdeckte 53 Gene, die die Entwicklung und Funktion der Niere steuern und deren Varianten erklären können, warum manche Menschen anfälliger für ein chronisches Nierenversagen sind als andere. Für die Studie analysierten die Forscher genetische Daten von 175 000 Menschen, darunter 1300 Südtiroler. Die Erkenntnisse eröffnen neue Perspektiven für Prävention und Behandlung der Krankheit.
Chronisches Nierenversagen ist eines der großen Gesundheitsprobleme der Welt, gut 10% der Menschen in Europa und den USA leiden darunter. Welche genetischen Faktoren dabei eine Rolle spielen, untersuchte eine von EURAC-Genetiker Cristian Pattaro und Caroline Fox von der Harvard Medical School koordinierte Studie, die soeben in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurde.
Die dafür untersuchten Daten von 175 000 Menschen auf der ganzen Welt wurden vom Wissenschaftskonsortium CKDGen (Chronic Kidney Disease Genetics)zur Verfügung gestellt, einem Zusammenschluss von führenden epidemiologischen Studien aus 15 Ländern, darunter die EURAC.
„Dank der guten Teamarbeit und der riesigen Datenmenge konnten wir statistisch sehr relevante Ergebnisse erzielen“, erklärt Cristian Pattaro. „Nach und nach gelingt es uns, die offenen Fragen zur Genetik der Nierenfunktion zu beantworten. Es ist ein komplexes Puzzle, aber langsam wird das Bild klarer.“
Der nächste Schritt ist jetzt, die Rolle jedes der in der Studie identifizierten Gene genauer zu untersuchen. So haben die Forscher schon herausgefunden, dass eines der Gene die Fähigkeit der Niere beeinflusst,
Stoffwechselprodukte aus dem Blutstrom zu filtern, was eine ihrer wichtigsten Funktionen ist: Bis zu 300 Mal am Tag filtern die Nieren die gesamte Blutmenge. „Je nachdem, in welcher Variante das Gen vorkommt, erfüllt die Niere diese Klärfunktion mehr oder weniger wirkungsvoll“, erklärt Pattaro.
Kennt man die erbliche Veranlagung des Patienten, kann die Prävention und die Behandlung der Krankheit
verbessert werden.
„Zu wissen, welche Gene die Funktion eines Organs beeinflussen, ist Voraussetzung, um gezielte Therapien zu entwickeln bzw. Menschen möglichst lange gesund zu halten. Deshalb investieren wir in der EURAC in solche grundlegende Forschung”, erklärt EURAC-Präsident Roland Psenner.
Bozen, 21.01.2016